Wieso trennen sich Betroffene nicht?

Wieso bleiben Gewaltbetroffene in der Beziehung?

Es fällt uns schwer zu verstehen, wieso gewaltbetroffene Personen zurück zur gewaltausübenden Person gehen und ihnen nochmals Chancen geben. Hier versuchen wir, Ihnen mehr Informationen zu geben, damit Sie Gewaltbetroffenen verständnisvoll begegnen können.

Wieso bleiben Gewaltbetroffene in der Beziehung?

Für Aussenstehende ist es oft schwierig nachzuvollziehen, wieso es Personen schwerfällt, sich aus einer von Gewalt geprägten Beziehung zu lösen.

Wichtig ist, die emotionale Ebene nicht zu vergessen: Eine Beziehung beginnt nicht mit Schlägen, sondern als grosse Liebe. Es gibt immer wieder gute Phasen zwischen der Gewalt, oft besteht lange Hoffnung auf Besserung. Eine Trennung ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, die Betroffenen schwanken zwischen Hass und Hoffnung und meist braucht es viele Trennungsversuche bis zur Trennung.

Vielen Gewaltbetroffenen gemeinsam ist ausserdem die Angst vor Reaktion der/des Partner/in. Eine Trennung beendet die Gewalt oft nicht, sondern kann diese verschlimmern bzw. kann ein Auslöser sein für physische Gewalt in Beziehungen, welche vorher durch psychische Gewalt gekennzeichnet waren.

Einige Betroffene haben aufgrund der erlebten (psychischen) Gewalt unzureichende Kräfte, eine Trennung zu wagen. Sie wünschen sie sich, haben jedoch den Eindruck, dass sie die Kraft dazu nicht haben.

Die Angst vor der Reaktion des Umfelds sowie eigene tiefsitzende Überzeugungen können auch eine wichtige Rolle spielen, insbesondere dann, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind. Die Reaktion des Umfelds kann von der Aufforderung, es den Kindern zuliebe noch einmal zu versuchen, bis zur völligen sozialen Ächtung in manchen Communities reichen. Eine unterstützende Haltung des Umfelds ist darum von grosser Wichtigkeit für die Betroffenen.

Viele weitere Faktoren können bei gewaltbetroffenen Personen ausserdem eine Rolle spielen:  Von der Scham, sich als Opfer zu sehen, über finanzielle oder (aufenthalts-)rechtliche Gründe, eigene Werte (z.B. Eheversprechen), bis hin zur Angst vor Einsamkeit oder anderen Abhängigkeiten wie Sucht, die die Person vereinnahmen, können verschiedene Faktoren vorliegen.

nach oben

Animierte Kurzfilme für die Sensibilisierung zu Gewalt in der Partnerschaft

Mit animierten Kurzfilmen wird für das Thema Gewalt in der Partnerschaft sensibilisiert. Die Videos, welche von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern animiert wurden, zeigen auf eindrückliche Weise die Gewalt, welche oft versteckt bleibt und zu wenig thematisiert wird. Die Videos sind hier abrufbar. 

nach oben

Kurzer Exkurs: Gewaltspirale in Paarbeziehungen

Die Gewaltspirale tritt in Paarbeziehungen auf, das heisst, es besteht eine enge Bindung zwischen der gewaltausübenden und der von Gewalt betroffenen Person.  Manchmal wird das Gewaltmuster über mehrere Generationen weitergegeben, was es für die Betroffenen sehr schwierig macht, aus der Gewaltspirale auszubrechen. Die Gewaltspirale gliedert sich in drei Phasen:

Der Spannungsaufbau ist geprägt von Beleidigungen, Demütigungen, Beschimpfungen, Kontrolle und Einschränkungen. Die gewaltbetroffene Person versucht, Konfliktsituationen zu vermeiden und stellt ihre eigenen Bedürfnisse wie Angst, Trauer und Wut zurück.

Mit dem Gewaltausbruch kommt es zur Gewalteskalation, sprich zu Drohungen, Schlägen, Ohrfeigen, Einschüchterungen etc. Gewaltbetroffene Personen reagieren unterschiedlich auf die erlebte Gewalt, sie fliehen, wehren sich oder müssen die Gewalt erdulden. Teilweise geraten sie in einen Schockzustand, der Stunden oder Tage andauern kann. Danach gelingt es einigen, Hilfe zu holen und/oder eine Anzeige zu erstatten.

In der dritten Phase folgen Entschuldigungs- und Entlastungsversuche, die gewaltausübende Person entschuldigt sich für ihr Verhalten, macht Geschenke, Versprechungen und sucht nach Erklärungen für den Gewaltausbruch, sei dies bei der gewaltbetroffenen Person oder in äusseren Umständen. Es kann teilweise zu Versöhnungen kommen. Gewaltbetroffene ziehen ihre Anzeige zurück, entscheiden sich gegen eine Trennung oder treten aus dem Frauenhaus aus und kehren nach Hause zurück.

Ohne fachliche Hilfe von aussen ist die Gefahr gross, dass die Spannungsphase schnell wieder einsetzt und sich die Gewaltspirale wiederholt. Meist dreht sich die Spirale daraufhin immer schneller. Es ist deshalb sehr wichtig, dass die Gewaltspirale erkannt wird und sowohl die gewaltausübende als auch die gewaltbetroffene Person adäquate Hilfe erhält. So kann diese Dynamik durchbrochen werden.

 

nach oben